Es ist wieder Zeit für das größte Schach-Event in Deutschland: die Deutschen Meisterschaften in Willingen, die dieses Jahr vom 28. Mai – 03. Juni stattfinden, und auch der Schachklub Neumarkt ist wieder dabei. Erfreulicherweise haben sich neben den „alten Willingen-Hasen“ Timon Götz, Christoph Reger und Vinzenz Schilay, erstmals Leonhard Franke und Andreas Hierl der Neumarkter Delegation angeschlossen. Schachlich und kulinarisch betreut wird die Truppe von Kevin Beesk. Timon und Christoph sind in der U25B an #31 und #67 gesetzt, während Leonhard, Andreas und Vinzenz in der U25C von den Setzlistenplätzen #9, #29 und #63 aus ins Rennen gehen. Zudem ist unsere frischgebackene Vereinsmeisterin Laura Sophie Bauer in der U14w am Start. Die Dritte der U12w des Vorjahres ist in einem sehr engen Feld an #11 gesetzt und gehört zu den rund 15 Kandidatinnen, denen man zutrauen kann, im Kampf um den Titel ein Wörtchen mitzusprechen.
Am ersten Tag stand traditionell eine Doppelrunde auf dem Programm. Christoph musste sich zwei nominell stärkeren Gegnern geschlagen geben, hatte dabei aber insbesondere in der ersten Partie was liegen gelassen. Timon dagegen gewann Runde eins trotz mitunter bedenklicher Stellung und holte am Nachmittag mit einem Turm weniger ein Remis. In der U25C starteten Leonhard und Andreas mit zwei Siegen. Leonhard hatte dabei in der ersten Runde das taktische Radar noch nicht richtig eingestellt und musste einige kritische Momente überstehen. In Partie zwei war er mit einem frühen Läuferopfer auf f7 schnell auf der Siegerstraße. Andreas bekam den ersten Punkt kampflos und bezwang am Nachmittag den Setzlistenzweiten, da er bei heterogenen Rochaden den entscheidenden Schlag anbringen konnte. Vinzenz büßte in Partie eins früh ine Figur ein, gewann aber in Runde zwei dank eines frühen Damengewinns. Laura konnte ihre Auftaktpartie problemlos gewinnen, bekam aber am Nachmittag nach einigen Ungenauigkeiten im Mittelspiel die Aktivität der Setzlistenzweiten nicht mehr in den Griff.
In der dritten Runde kam Christoph mit einem hübschen Königsangriff zu seinem ersten Sieg. Timon machte im Endspiel Druck auf der offenen b-Linie, verpasste aber die Möglichkeit seine Dame auf die Grundreihe zu bringen. Er gewann zwar einen Bauern, musste aber die Züge wiederholen. Leonhard griff früh an und gewann eine Quali, doch danach kostete ein Blackout eine Figur und mit dem in der Mitte verbliebenen König zappelte er auch nach dem Damentausch bald in einem Mattnetz. Andreas opferte eine Figur, um den gegnerischen Monarchen den kompletten Bauernschutz zu nehmen. Mit dem richtigen Schach auf e3 wäre die Verteidigung auch zusammengebrochen, so musste er Dauerschach geben. Vinzenz hatte im taktischen Geplänkel im Mittelspiel nach einem feinen Springerzug unparierbare Drohungen aufgestellt, so dass der Gegner angesichts des notwendigen Damenverlusts das Handtuch warf. Für Laura stand heute die X-te Neuauflage des „Laura-Duells“ gegen Laura Huber aus Ergolding auf dem Programm, das Remis endete, nachdem früh viel Material vom Brett kam und es in der Endstellung nicht mehr viel gab, worauf man hätte spielen können.
Timon blieb auch nach Runde vier ungeschlagen, kam aber nicht über ein Unentschieden hinaus. Zwar hatte er einen Bauern gewonnen, dann aber für seinen König den falschen Platz ausgesucht, so dass sein Gegner Angriffsmöglichkeiten bekam. Dadurch wurde viel Material getauscht und im resultierenden Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern war der Mehrbauer nichts mehr wert. Christoph blies früh zur Attacke, übertrieb es dann aber, wonach ihm sein unrochierter König zum Verhängnis wurde. In der U25C blieben Andreas und Leonhard dank ihrer Siege im erweiterten Spitzenfeld. Andreas nutzte seine besser entwickelten Figuren, um Druck auszuüben, so dass der Gegner keine Koordination hinbekam und letztlich Material verlor. Leonhard verpasste eine bessere Fortsetzung im frühen Mittelspiel und hätte in der Folge ob seiner vorgerückten Bauern am Königsflügel in Schwierigkeiten kommen können. Er marschierte weiter voran und nachdem es ihm gelungen war den gegnerischen König ins Freie zu zerren, war das Matt nicht mehr weit. Vinzenz hatte sich bereits auf den schwarzen Feldern geschwächt, als er seinen schwarzfeldrigen Läufer abtauschen ließ, wonach der Angriffswirbel auf diesem Farbenkomplex nicht mehr zu stoppen war. Laura gewann zunächst einen Bauern und später kam noch eine Quali hinzu.
Die zweite Doppelrunde brachte zunächst einige Nackenschläge, mussten doch gleich vier Niederlagen verdaut werden. Am Nachmittag folgte die passende Antwort mit einem fast perfekten Ergebnis von fünf Siegen. Einzig Timon gelang dabei ein Doppelschlag, wobei er am Vormittag eine kritische Phase überstehen musste, nachdem er ohne Not einen Bauern verloren hatte und der Gegner einen vorentscheidenden taktischen Schlag auf dem Fuß hatte. Stattdessen lief dieser in eine Springergabel und Timon war wieder im Spiel. Als dann noch der Stolz der schwarzen Stellung, der gedeckte Zentrumsfreibauer, über Bord gegangen war, hatte Timon keine Mühe mehr die Partie siegreich zu Ende zu bringen. Am Nachmittag nutzte Timon die erste sich bietende Gelegenheit und gab zwei Figuren für Turm und zwei Bauern. Kurz darauf folgte ein Abzugsangriff mit Figurengewinn und die Messe war gelesen. Christoph war in der ersten Partie unter Druck, nachdem er seinen Monarchen in der Mitte gelassen hatte, wonach ein taktischer Schlag zwei Figuren für einen Turm kosteten. Aber sein Gegenüber versäumte es seine Figuren zu aktivieren und so bekam Christoph die Stellung in den Griff und der Punkt wurde geteilt. In der zweiten Partie kam Christoph in einer Schlagvariante mit einer Mehrfigur heraus, machte es aber unnötig spannend, als er diese später wieder zurückgab. Mit seinem verbundenen Freibauernpaar war das Endspiel dennoch eine klare Sache. Andreas musste sich in Runde fünf erstmals geschlagen geben. Auch in seiner Partie war das Thema Turm und zwei Bauern gegen zwei Leichtfiguren. Bevor es jedoch zum Duell des ungleichen Materialverhältnisses kam, kostete eine klassische Überlastung eine der Figuren und in der Folge wickelte seine Gegnerin in ein gewonnenes Bauernendspiel ab. Dafür konnte er am Nachmittag früh einen Springer am Rand gewinnen und brachte diesen Vorteil problemlos nach Hause. Leonhard hatte das Gambit seines Kontrahenten schnell in den Griff gekriegt und hätte Gelegenheit gehabt die Entwicklung abzuschließen. Stattdessen setzte er zu früh zum Gegenangriff an und bekam die Quittung in Form eines Doppelangriffs. In der zweiten Partie opferte sein Gegner eine Figur für zwei Bauern, um danach mit seinem Läuferpaar weiteres Material zu attackieren. Doch Leonhard fand die passende Reposte und als sich der Rauch verzogen hatte, konnte er eine Mehrfigur sein Eigen nennen. Vinzenz hätte mit einer gut getimten Zentrumsöffnung in Vorteil kommen können, geriet dagegen später in große Schwierigkeiten angesichts einer Gegenüberstellung seiner Dame mit dem gegnerischen Läufer, was entscheidendes Material kostete. Am Nachmittag sah er sich früh einem gefährlichen Königsangriff ausgesetzt und wurde nach einem Fehler Matt gesetzt. Laura hatte am Vormittag eine schwierige Mittelspielstellung auf dem Brett, in der beide Spielerinnen eine zeitlang nicht den besten Plan fanden. Leider bog Laura dann falsch ab, ihr Springer vergaloppierte sich und sie verlor einen Turm. Dafür konnte sie in der zweiten Partie früh einen Läufer in der Brettmitte einfangen.
Damit sind zwei Drittel des Turniers um, aber erfahrene Willingen-Fahrer wissen, dass das Turnier jetzt erst richtig los geht, insbesondere wenn man um vordere Plätze mitspielen will. In der U25B ist Timon einer von sechs Spielern, die noch ungeschlagen sind. Er gehört dem großen Verfolgerfeld auf den Rängen 5 bis 16 mit je 4,5 Punkten an, leider mit der schlechtesten Zweitwertung. Christoph steht aktuell bei 2,5 auf Platz 77. Andreas und Leonhard haben in der U25C eine gute Ausgangsposition für den Kampf um die Top-10. Mit 4,5 Zählern gehört Andreas als Neunter einem Sextett auf den Rängen 7 bis 12 an, Leonhard liegt mit einem halben Punkt weniger auf Platz 18. Vinzenz befindet sich mit 2 Zählern auf Rang 69. In der U14w lauern sieben Spielerinnen mit je 3,5 Punkten hinter den Top-5, darunter Laura auf Platz neun.
In der siebten Runde hat es nun auch Timon erwischt und er musste erstmals als Verlierer das Brett verlassen. Er spielte modern mit h5 gegen den geplanten Bauernsturm des Gegners und ließ seinen König in der Mitte. Doch die gegnerischen Türme kamen irgendwann doch durch, wonach das Matt nur noch eine Frage der Zeit war. Christoph versuchte es mit einem sehr spekulativen Figurenopfer, bei dem ein gefährlicher Angriff nicht wirklich in Sicht war. Doch dann verlor sein Gegenüber den Faden, die Schleusen öffneten sich und Christophs Bauer gelangte bis nach g7, wo er die Dame einbrachte. In der U25C kamen unisono heterogene Rochaden auf das Brett. Im Bauernwettrennen brach Andreas zuerst durch, da sein Gegner mittels b3 eine Angriffsmarke angeboten hatte. Nach dem Tausch auf b3 machten die Schwerfiguren auf der a-Linie kurzen Prozess. Leonhard hatte ebenfalls eine vielversprechende Angriffsstellung, schlug dann aber mit der falschen Figur auf g4, verlor einen Springer und nach dem forcierten Damentausch war auch der geplante Mattangriff dahin. Doch sein Gegenüber versäumte es seinem am Damenflügel am Rand gestrandeten Springer ein Rückzugsfeld zu schaffen und letztlich erzwang Leonhard im Turmendspiel mit einem Bauern weniger eine Zugwiederholung. In der Partie von Vinzenz agierte sein Kontrahent zu zaghaft, so dass die weißen Bauern losrollten, während am anderen Flügel keine Verteidigung erforderlich war. Laura unternahm im Mittelspiel mit ihrer Dame eine Reise mitten in die gegnerische Stellung, ohne Geleit und gesicherten Rückzug. Doch sie hatte Glück, dass ihre Gegnerin den möglichen Damenfang nicht fand und die Partie vollständig in ihre Richtung kippte.
Die vorletzte Runde brachte Timon ein sicheres Remis ein, wobei die Stellung sich durchweg im Ausgleich befand. Christoph bekam ein Traumangriffsszenario aufs Brett: offene lange Diagonale und halboffene g-Linie, was für ein schnelles Ende sorgte. Ganz bitter lief es dagegen für Andreas, der drauf und dran war bis auf einen halben Zähler an das Spitzenduo heranzurücken. Nachdem sein Gegenüber seinen Fianchetto-Läufer von der langen Diagonale weggezogen hatte, trieb Andreas den schwarzen König aus seinem Versteck bis nach g5. Die Engine zeigt schon Matt in sieben bzw. zehn Zügen an, doch dann spielte Andreas die Züge in der falschen Reihenfolge und kurz darauf war die Partie vollständig gekippt. Leonhard konnte einen Zwischenzug seines Gegners taktisch wiederlegen und hatte mit einem Turm mehr keine Probleme den Sieg einzufahren. Vinzenz gewann zunächst eine Figur per Doppelangriff, hatte dafür aber einen offenen König. Nachdem er mit seinem König auf das falsche Feld gezogen war, konnte der Gegner unverhofft eine Mehrquali sein Eigen nennen. Aber Vinzenz hatte noch eine Mattidee und die brachte ihm letztlich die Dame ein. Laura spielte heute eine starke Partie gegen die Tabellenführerin, die erst einen halben Zähler abgegeben hatte. Sie machte Druck am Damenflügel, wonach sich die gegnerischen Figuren dort auf den Füßen standen und sich mehr oder weniger nicht mehr rühren konnten. Ein versteckter taktischer Schlag hätte die Vorentscheidung bringen können, doch auch Lauras Abwicklung am Damenflügel schien vielversprechend. Aber nach einem ungenauen Zug, zog die neue Deutsche Meisterin den Kopf nochmal aus der Schlinge. Laura kam zwar mit einem Mehrbauern ins Springerendspiel, doch dieser war blockiert und band die weißen Figuren an seine Verteidigung, so dass die Punkteteilung nicht mehr zu vermeiden war.
Zum Abschluss hatte Timon Ausgangs der Eröffnung Entwicklungsvorsprung und die bessere Bauernstruktur. Im Doppleturmendspiel war sein Gegenüber gerade dabei endgültig auszugleichen, als er erst einen Bauern und im Zug darauf einen Turm einbüßte. Christoph geriet im Endspiel unter Druck, da die gegnerischen Figuren viel aktiver waren. Dies nutzte sein Kontrahent um in ein Turmendspiel mit zwei Mehrbauern abzuwickeln, wo er dann mit über einer Stunde auf der Uhr einzügig einen Turm verlor. Leonhard opferte einen Springer auf f2, was eigentlich keine Erfolgsaussichten gehabt hätte, aber sechs Züge später war der Gegner Matt und das beendet ja bekanntlich die Partie. Eine ausgeglichene Mittelspielstellung hatte Andreas auf dem Brett, als ihm die Röngtenwirkung seines Läufers eine Quali einbrachte. Derweil ließ Vinzenz ein Abzugsschach zu, das einen Bauern kostete und später kam ihm noch eine Figur abhanden. Laura hätte gegen die Setzlistenerste mit einer frühen Zentrumsöffnung, deren Entwicklungsrückstand ausnutzen können. Als sie den Bauernzug dann spielte, waren die gegnerischen Figuren bereits darauf vorbereitet und plötzlich ging Lauras Turm in einer Fesselung verloren.
In der Endabrechnung gibt es viele erfreuliche Resultate für die Neumarkter Delegation. Andreas und Leonhard haben es mit starken 6,5/9 als Neunter und Zehnter in die Top-10 geschafft und auch Vinzenz lag mit 4 Zählern auf Rang 59 knapp vor seinem Setzlistenplatz. Timon holte erstmals 6 Punkte und war mir Platz 18 so weit vorne wie noch nie und Christoph machte mit 5,5 Zählern einen Riesensprung in der Setzliste von 67 auf Rang 30. Laura war mit ihrem Turnier nicht zufrieden, sie brachte ihre PS in dieser Woche nicht immer auf die Straße und konnte nicht ganz in den Kampf um die Medaillen eingreifen. Platz sieben mit 5 Punkten ist aber nach den Rängen vier, sechs und drei in den vergangenen Jahren bereits die vierte Top-Platzierung bei einer DEM.


