Erfreuliche 17 Klötzchenschieber bilden das Teilnehmerfeld der diesjährigen Stadtmeisterschaft. Mit dabei die ersten 8 der Stadtmeisterschaft 2024: Titelverteidiger Andi Hierl, Martin Simon, Thomas Hummel, Marco Holzberger, Jozef Smyk, und, und, und… Erfreulicherweise ist mit 8 Jugendlichen U25 das Feld ziemlich jung besetzt.
Nun sind in der ersten Runde eines Schweizer-System-Turniers (wo möglichst Punktgleiche gegeneinanderspielen) die Paarungen maximal ungleich (die obere Hälfte der Setzliste spielt gegen die untere), so dass viele der Partien ziemlich kurz waren (um das hässliche Wort „Massaker“ zu vermeiden). Ich will hier daher nur die lehrreichsten Momente kurz beleuchten.
Johannes Hierl vs. Jozef Smyk
Ein denkbar schwieriges Los hat unser „Jojo“ mit Jozef erwischt und er kam auch nicht gut aus der Eröffnung.

Die nach dem 10. Zug von Jozef schaut oberflächlich betrachtet gar nicht so schlecht aus, immerhin hat Schwarz zwei Doppelbauern (und die sind unter Schachspielern etwa so beliebt wie Herpes oder Fußpilz). Schauen wir genauer:
- durch die halboffene a-Linie hat Schwarz Druck auf den Bauern a2
- vielleicht geht später auf der g-Linie etwas gegen den weißen König
- Schwarz hat das Läuferpaar und wenn sich die weißen Diagonalen für den Lc8 öffnen (z.B. nach Tausch auf d5), dann Gnade Dir Gott, Jojo!
- Der Plan für Schwarz ist klar: den Bauern nach b4 vorstoßen und damit weitere Schwächen auf b2 oder c3 erzeugen, die dann je nachdem mit Turm Läufer und Springer attackiert werden.
- die Zukunft der weißen Springer und des Läufers ist vollkommen unklar. Auf welchen Felder können die jemals Wirkung zeigen?
Springen wir 8 Züge später zur Endstellung, in der Jojo aufgab:

Schwarz hat seine Vorhaben konsequent umgesetzt: der Lf5 ist ein Riese, Lb2 ist nicht mehr zu verhindern und der Bauer auf c3 wird fallen (der Bauer a2 wahrscheinlich auch). Die weißen Springer geben ein Bild des Jammers ab. In dieser trostlosen Situation hätte nur noch die drastische Maßnahme Lxd5 Txd5 gefolgt von Sxc4 ein Weiterspielen erlaubt, wenn auch unter schlechtem Vorzeichen. Darauf hatte Johannes verständlicherweise keine Lust.
An dieser Stelle ist es Zeit für eine
Warnung an alle (zukünftigen) Schachspieler
Es ist unvermeidlich, dass man im Laufe eines Schachlebens (vielleicht sogar des Lebens selbst) an einen Punkt kommt, den unser frischgebackener WM-Kandidat Matthias Blübaum nach einer schwachen Partie gegen Vincent Keymer so beschrieb:“ Ich habe gespielt wie ein Vollidiot.[…] Ich hasste mein Leben…“.Dass er am Ende den größten Erfolg seiner Karriere feiern durfte, hat ihn wahrscheinlich mit sich selbst versöhnt.
Friedrich Nietzsche hat das in seinem Werk „Also sprach Zarathustra“ so formuliert:
Aber der schlimmste Feind, dem du begegnen kannst, wirst du immer dir selber sein. Du selber lauerst dir auf in Höhlen und Wäldern.
Aber weil Schachspielen ja vor allem Spaß machen soll, kann man dieser düsteren Aussicht nur einen Glückskeks-Spruch entgegenstellen:
Man kann den Hahn zwar wegsperren, der nächste Morgen bricht trotzdem an.
Ivan Krushevsky vs. Theo Markert
Thea wäre zu Beginn seiner Partie gegen Ivan fast unter die Räder geraten. Allerdings blockierte Ivan seiner Dame alle Rückzugsfelder und gab sie schließlich für Läufer, Turm und zwei Bauern, kein schlechtes Geschäft, wäre da nicht der unsichere König gewesen:

Der weiße König befindet sich in höchster Not. Ein Leckerbissen für Freunde der gepflegten Tatikkalkulation:
- der König hat sich gefährlich weit vorgewagt. Allerdings bewährt sich die alte Daumenregel „Dame und Springer setzen immer Matt“ hier nicht ganz.
- der Bauer c3 ist unter Attacke und Schwarz will ihn am liebsten mit der Dame verspeisen ohne den König entkommen zu lassen. Das „bequemste“ Fluchtfeld für den König wäre d3, wenn die schwarze Dame die Diagonale b1-g7 verlässt.
- Hängt der Sd5 wirklich, oder darf der weiße König ihn besser nicht schlagen? Schauen wir nach: 25…Dg6 (bleibt auf der Diagonale) 26. Kxd5? Dc6 Matt. Also besser 26. Tc1 (es drohte Dc6+ gefolgt von Dxc3) La5 (jetzt wird es eng für den Bauern c3).
- Noch interessanter aber auch schwieriger ist gleich 25…La5! 26. Kxd5 b5!! (das muss man sehen, dass nun dem König der Rückzug blockiert ist.) Nun wird es schwierig für Weiß noch vernünftige Züge zu finden.
Ziemlich schwierig und verständlich, dass Theo mit 25…De6 den Springer mit einer Abzugsdrohung deckte. Vermutlich hätte er nach 26. Kd3 Df5+ 27.Kc4 ein Remis durch Zugwiederholung rausholen können, aber wollte mehr und verlor am Ende noch. Schade.
Paarungen

Die 2. Runde findet am nächsten Freitag, 26.09. 19:30 Uhr statt